Produktionsregeln

Neue Regeln für den einstigen Bauernwein

In der Großzone Chianti DOCG gibt es neben einigen Unterschieden auch Gemeinsamkeiten.

Im Jahre 1984 wurde der Grundstein für die Rehabilitierung des von einer sehr wechselhaften Geschichte geprägten Chianti-Gebiets gelegt. Die Appellation erhielt den anspruchsvollen DOCG-Status, der die Herkunft der Weine kontrolliert und garantiert. Dies bedeutet, dass alle Weine der acht festgelegten Zonen einer sensorischen Prüfung unterzogen werden müssen, die von staatlichen Verkostern bei den Handelskammern sowie anhand chemischer Analysen vorgenommen werden. Um das staatliche Prüfsiegel in Form einer schmalen, fliederfarbenen Banderole zu bekommen, müssen alle Tests erfolgreich abgeschlossen worden sein. Erst dann darf Chianti abgefüllt werden.

Da eine doppelte Kontroll- und Garantiefunktion von einer Behörde allein kaum zu schaffen ist, einigte man sich noch 1987 darauf, das Consorzio Vino Chianti mit der Überwachung der Produktion und der Analyse der Weine zu betrauen. Die Informationen zum Vertrieb sowie alle Marketing- und Promotionsaktivitäten der Weingüter trägt seitdem das Konsortium.

Von einfach bis komplex

Die Winzer können entscheiden, ob sie ihren Wein als einfachen Chianti oder als Chianti ihres Herkunftsgebietes auf den Markt bringen wollen. Für einfachen Chianti gelten flexiblere, für Weine der Subzonen strenge und für Chianti Classico noch etwas striktere Qualitätsanforderungen. So darf seit 2010 Chianti DOCG nicht mehr aus dem Classico-Gebiet stammen. Gemeinsam ist allen Weinen aber weiterhin, dass sie entweder vollständig oder überwiegend aus Sangiovese-Trauben gekeltert werden müssen.

Neben den Unterschieden in ihrer Herkunft unterscheiden sich die Weine auch in ihrem Stil, was den Reifeprozess betrifft: Die Riserva müssen mindestens zwei Jahre in der Kellerei verbleiben. Eine Zeitlang werden sie dabei häufig in französischer Eiche gelagert. Danach müssen sie noch wenigstens drei Monate in der Flasche ausgebaut werden. Die besten Riserva haben eine hohe Lebenserwartung. Chianti-Weine können sich auch in der Auswahl der Rebsorten unterscheiden, wie ein Blick auf die Seiten von Online-Wein-Shops zeigt. Ein Wein mit der kontrollierten und garantierten Ursprungsbezeichnung “Chianti” muss mindestens 11,5 Volumenprozent Alkohol enthalten. Andere Regelungen gelten für Chianti Classico und die sieben Unterzonen.

Mindestens 70 Prozent Sangiovese

Die Großzone des Chianti DOCG erstreckt sich über weite Teile der Toskana. Von den knapp 2.700 Mitgliedern des Consorzio Vino Chianti werden auf rund 10.500 Hektar Rebbergen jährlich fast 600.000 Hektoliter Wein produziert. Insgesamt sind es jedoch etwa 800.000 Hektoliter, die auf einer Gesamtfläche von rund 15.500 Hektar von Winzern gekeltert werden. Chianti DOCG muss mindestens zu 70 Prozent aus Sangiovese bestehen. Andere rote Sorten sind je nach Anbaugebiet zwischen 20 und 30 Prozent erlaubt. Maximal zehn Prozent der Trauben dürfen weiß sein, wenn auf dem Flaschenetikett nicht ausdrücklich das Herkunftsgebiet Chianti Classico DOCG oder eine der Unterregionen – von einer Ausnahme abgesehen – im Weinnamen auftaucht. Viele Weingüter erwähnen die Subzonen erst gar nicht, sondern lassen einfach nur „Chianti“ aufs Etikett drucken.

Die Traubenerträge kann jeder Winzer so niedrig halten wie er möchte. Höchstens 90 Doppelzentner (9.000 Kilogramm) dürfen aber für Chianti DOCG geerntet werden. Für den Chianti Superiore dürfen es 75 Doppelzentner sein. Diese Weine gelangen ab September des auf die Ernte folgenden Jahres in den Handel. Der Superiore kann 20 Prozent alternative Sorten wie Cabernet oder Merlot enthalten. Im Durchschnitt dürfen für diesen Wein allerdings nicht mehr als 2,2 Kilogramm Trauben pro Rebstock produziert werden.

Neue Qualitätskategorie

Riserva-Weine mit höherem Alkoholanteil und längeren Fasslagerzeiten im Weingut sind dem Chianti Classico und einzelnen Unterzonen vorbehalten. Im gesamten Chianti-Gebiet sind übrigens künftig nicht mehr nur die Bezeichnungen Riserva und Annata, sondern auch die besondere Qualität versprechende Bezeichnung Gran Selezione vorgesehen.

Wenn bei der Weinproduktion die Governo-Technik angewendet wurde, steht auf dem Flaschenetikett “Governo all´uso del Chianti”. Solche Tropfen müssen innerhalb eines Jahres verkauft werden. Seit September 2012 sind auch zwei weitere Bezeichnungen gültig, die neben „Chianti DOCG“ auf dem Etikett vermerkt werden dürfen: „Vin Santo del Chianti“ (Süßwein) und „Colli dell’Etruria Centrale“. Letzterer Hinweis steht für Qualitätsweine aus der gleichen Anbauzone, die nicht Chianti sind – entweder weiß, rot oder Rosé, als Jungwein Novello oder Dessertwein Vin Santo.

Streitthema Terroir

Es gibt auch Kritisches zur Chianti DOCG anzumerken: Die zum Teil einzigartigen Terroirs sind unter den Erzeugern ein dauerhafter Streitpunkt. Denn die unterschiedlichen Bedingungen sorgen für zum Teil große regionale Unterschiede in Stil und Qualität. Eine objektive Lagenbewertung der einzelnen Gemeinden haben die Konsortien bisher leider nicht vorgenommen. Unterschiedliche Bezeichnungen, Herkunftsgebiete und Produktionsregeln erschweren den Verbrauchern den Durchblick in der Spitzenregion, aber auch in den Untergebieten. (mh)

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