Chianti Classico

Klima und Böden prägen den Wein-Charakter

Die edlen Tropfen aus dem Chianti Classico werden stark von natürlichen, aber auch von kulturellen Einflüssen bestimmt.

Die Weine aus dem Kerngebiet der Chianti-Zone dürfen sich Chianti Classico oder – wenn sie lange im Keller lagern – Chianti Classico Riserva nennen. Die Produktionszone umfasst die Gemeinden Castellina, Gaiole, Greve und Radda in Chianti zur Gänze und auch Teile von Barberino Val d’Elsa, Castelnuovo Berardenga, Poggibonsi, San Casciano und Tavernelle Val di Pesa. Die Anbaukriterien im Chianti Classico sind sehr qualitätsorientiert definiert und werden streng kontrolliert. Die meisten Erzeuger gehören dem Consorzio del Vino Chianti Classico mit Sitz in Greve an und kennzeichnen ihre Flaschen mit dem schwarzen Hahn („gallo nero“).

Kiesel und Steine dominieren

Das für den Chianti Classico Wichtigste muss man allerdings unter der Erdoberfläche suchen. Die Böden unterscheiden sich in ihrer geologischen Zusammensetzung gewaltig voneinander. Ein höherer Lehmanteil speichert Wasser. Zusammen mit einer sonnigen Lage wie etwa in Castelnuovo Berardenga im Süden der Region entstehen kraftvolle, üppige Weine; sie schmecken nach Graphit, Fruchtkompott, Lakritz und Blüten. Die in höheren Lagen vorherrschenden steinigen Böden, die in Radda und Castellina bis auf eine Höhe von etwa 600 Meter vorkommen, sind karg und lassen die Trauben spät reifen. So weit oben, in einem Klima mit recht feuchten Herbstmonaten, gilt es, abgesehen von den heißesten und trockensten Jahren, sowohl den Zucker, als auch die Tannine der vergleichsweise hellen und säurereichen Sangiovese zur Reife zu bringen. Immer mehr Winzern gelingt dies: Sie formen Weine, die eher saftig, fest und komplex als üppig sind.

Beinahe überall trifft man im Gebiet des Chianti Classico einen hohen Anteil an Kiesel und Steinen an. Häufig kommt dort Galestro vor. Die Bodenformation aus Schichten von Kalk und versteinertem Lehm gibt den Reben einen fruchtbaren Untergrund, der mineralreich und salzhaltig ist, aber auch frische Luft hereinlässt. Die Unterlage sorgt dafür, dass sich Weine mit aufregenden Tanninen und spielender Säure entwickeln können. Mit ihrer schlanken Eleganz repräsentieren sie den klassischen Stil der Toskana: Die Tropfen sind konzentriert mit Aromen von etwas Veilchen und schwarzen Kirschen bis zum langen Abgang.

Neben der Bodenqualität bestimmen das Kleinklima, die Wetterentwicklung, die Ausrichtung zur Sonne und die Windverhältnisse, aber auch die Wasserversorgung und die Auswahl der Rebsorten mit, ob die Trauben später reif und konzentriert sind oder ob sie groß und wässrig ausfallen. So hat fast jede Lage zwischen Florenz im Norden und Siena im Süden ihren eigenen Charakter. Die Gesamtheit dieser Umstände unter der Mithilfe des Winzers bilden das Terroir.

Exportquote rund 70 Prozent

Das Chianti Classico hat unter allen Anbaugebieten Italiens zuletzt vielleicht die größten Fortschritte gemacht. Der Wein ist heute ein äußerst ernsthafter Vertreter, der sogar eine Lebenserwartung von zehn Jahren und mehr erreichen kann. Im Programm haben die Weingüter oft auch einen Chianti Classico Riserva (Anteil an der Gesamtproduktion rund 20 Prozent). Häufig keltern sie auch einen oder zwei Supertoskaner. Diese Weine werden allerdings immer seltener, seit ein Chianti Classico sortenrein aus Sangiovese bereitet werden darf. Immer mehr Erzeuger füllen außerdem nach dem Bordeaux-Vorbild eines „grand vin“ ein Einzellagengewächs ab. Diese Tropfen werden in der Regel besonders sorgfältig bereitet. Große Holzgefäße aus Eichenholz – botte genannt – sind im Chianti Classico ebenso verbreitet wie französische Barriques von sehr hoher Qualität.

Als Marke ist Chianti Classico ist weltweit gefragt. Gerade einmal knapp 30 Prozent der Produktion wird im Heimatland selbst genossen. Mindestens die gleiche Menge wird in den USA getrunken. Mit weitem Abstand folgen dann Deutschland (etwa zehn Prozent, früher einmal war die Bundesrepublik der wichtigste Bezieher), gefolgt von Großbritannien, der Schweiz, Kanada und Japan. Osteuropäische und asiatische Länder holen zügig auf. Die offizielle Jahresproduktion im Gebiet des Chianti Classico liegt zwischen 250.000 und 300.000 Hektolitern und ist abhängig vom Jahrgang. Jährlich werden rund 35 Millionen Flaschen abgefüllt. Es wechselt auch immer noch rund ein Drittel der Produktion als Fasswein vom Erzeuger zum Kunden. Die Preise für Weine aus der Top-Region des Chianti sind, allerdings ausgehend von einem niedrigen Niveau, inzwischen wieder gestiegen.

Im ersten Quartal 2013 waren im Konsortium der wichtigsten Chianti-Zone 560 Weinbauern organisiert, darunter 365 Abfüller. Während es vielen kleinen und mittelgroßen Erzeugern wirtschaftlich nicht gut geht, gibt es auch lachende Gesichter. „Die Weinhäuser florieren wie nie zuvor“, stellt Andreas März, Chefredakteur des Fachmagazins Merum fest. „Während an den Bauernhäusern der Putz blättert, bauen sich die Abfüller Weintempel.“ Je tiefer der Fassweinpreis falle, desto höher seien ihre Vermarktungschancen und Gewinne, so März.

Neue Weinberge – bessere Tropfen

Was die noch immer recht niedrigen Preise verdecken: Die Qualität des Chianti Classico ist in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Sie ist, neben anderen Ursachen, vor allem der Tatsache zu verdanken, dass seit Mitte der neunziger Jahre mehr als die Hälfte der Weinberge erneuert wurden. Das mag zunächst einmal verwundern, da ältere Reben in der Regel die besseren Weine erbringen. Für die Toskana und das Chianti Classico gilt dieser Zusammenhang nicht: Die Rebstöcke waren schlecht gepflegt, die Pflanzdichte war niedrig und die vorhandenen Sangiovese-Klone ließen arg zu wünschen übrig. Selbst Weinberge, aus denen weltberühmte Weine kommen, machten oft einen sehr traurigen Eindruck. Nach dem Wandel sind Winzer in der Lage mittel- und langfristig bessere Tropfen zu keltern. Aber auch auf kurze Sicht sind die Qualitätssprünge schon erkennbar.

Heute muss der Weinliebhaber übrigens Chianti-Produzenten überlegter auswählen als zu früheren Zeiten. Das Spektrum der Erzeuger besteht ohnehin nicht nur aus Felsina, Brolio, Castello di Ama, Fontodi und Fonterutoli. Der größte Teil der ins Register eingetragenen Rebfläche von rund 10.500 Hektar wird von mittleren und kleinen Winzern bearbeitet. Ihre Namen sind Weinfreunden häufig nicht geläufig, da die Selbstvermarktung dieser Erzeugung eher mäßig ist. So sind sie gezwungen, im Schnitt immer noch rund ein Drittel ihrer Produktion als Fasswein auf dem Markt anzubieten.

Eine dritte Qualitätsstufe

Ein dauerhafter Streitpunkt unter den Produzenten sind die zum Teil einzigartigen Terroirs. Denn unterschiedliche Bedingungen sorgen für zum Teil große Unterschiede in Stil und Qualität. Eine objektive Lagenbewertung der einzelnen Gemeinden hat das Consorzio del Vino Chianti Classico bisher leider nicht auf den Weg gebracht. Auch vernebeln differierende Bezeichnungen, andersartige Herkunftsgebiete und voneinander abweichende Produktionsregeln Verbrauchern den Durchblick.

Nun kommt auch noch mit Gran Selezione eine neue, nach Chianti Classico und Chianti Classico Riserva dritte Qualitätsstufe hinzu. Es wird spekuliert, dass sich dann auch die Preise für die beiden anderen Qualitäten künftig im oberen Bereich etwas ausweiten lassen. Es bestehen allerdings Zweifel, ob die Einführung einer neuen Kategorie den Konsumenten überhaupt nützt. Die Verbraucher werden schließlich mit Herkunfts- und Qualitätsbezeichnungen, die am grünen Tisch ersonnen werden und meist nur politische Gründe haben oder aus raffiniertem geschäftstüchtigen Kalkül ausgedacht worden sind, ohnehin schon mehr irritiert als informiert.

So klappt allerdings ein weiterer Qualitätssprung der Weine aus dem Chianti Classico auf gar keinen Fall: Als „besonderen“ Einfall hat man mancherorts die Fiasco-Flasche aufleben lassen. Diese Entscheidung ist ausgesprochen kontraproduktiv, weil das strohumflochtene Behältnis doch mit dem Imageproblem des Chianti in den 1970er und 1980er Jahren sehr eng verbunden ist.

Produktionsregeln Chianti Classico

Der schwarze Hahn soll lauter krähen

Eine neue Qualitätsstufe soll helfen, die Top-Region Chianti Classico aus der Absatzkrise zu führen.

Die Qualität des Chianti Classico ist spätestens seit Beginn der 1980er Jahre erheblich gestiegen. Es wurden Erträge reduziert, die Sangiovese-Traube wieder vermehrt angepflanzt und es wurde mit alternativen Sorten experimentiert. Am Ende entsprachen die Weine allerdings nicht mehr den Produktionsvorschriften eines Chianti Classico. So war es überfällig, dass 1996 das Gebiet – ursprünglich eine Unterzone des Chianti DOCG – als Kerngebiet spezifische und festen Regelungen bekam.

Die Vorschriften des in Greve beheimateten Consorzio Vino Chianti Classico über die erlaubten Rebsorten sehen heute vor, dass die Weine ausschließlich oder zu mindestens 80 Prozent aus Sangiovese-Trauben gewonnen werden müssen. Die Statuten verlangen zudem, dass der Rest aus einheimischen Sorten wie etwa Canaiolo, Colorino oder Malvasia del Chianti sowie aus internationalen Trauben wie Merlot, Cabernet Sauvignon oder Syrah bestehen darf. Weiße Sorten wie Trebbiano toscano oder Malvasia Bianca Lunga (Anteil früher maximal sechs Prozent) dürfen seit der Weinernte 2006 überhaupt nicht mehr beigemischt werden.

Produktion auf 7.200 Hektar

Der Mindestalkoholgehalt muss für normalen Chianti Classico zwölf, für Riserva wenigstens 12,5 Volumenprozent betragen. Der Wein darf frühestens im Oktober ein Jahr nach der Ernte verkauft werden. Ein Riserva kommt nach dem Ausbau im Holzfass erst nach 27 Monaten in den Handel; in dieser Zeit muss er noch wenigstens drei Monate in der Flasche gelagert worden sein. Einem Liter Chianti Classico dürfen maximal vier Gramm Zucker pro Liter als Restsüße zugesetzt werden. Die geforderte Menge an Trockenextrakten liegt bei mindestens 23 Prozent, der Säuregehalt darf 4,5 Gramm pro Liter nicht überschreiten. Vinifizierung, Lagerung und Abfüllung müssen innerhalb des Produktionsgebietes vorgenommen werden.

Auch die weiteren Regeln für die Chianti Classico DOCG sind nicht ganz ohne: So ist eine minimale Stockdichte von 4.400 Reben pro Hektar vorgeschrieben. Die maximalen Erträge sind auf 7.500 Kilogramm (75 Doppelzentner) pro Hektar beschränkt. Umgerechnet ergibt das etwa 52 Hektoliter edle Tropfen. Dazu im Vergleich dürfen die angrenzenden Unterregionen für „normalen“ Chianti mit 4.000 Reben pro Hektar bepflanzt werden. Neun Tonnen je Hektar dürfen maximal geerntet werden.

Als Produktionsfläche sind 7.200 Hektar ins Register eingetragen. Da die zumeist von kleinen und mittelgroßen Winzern bearbeitete Rebfläche aber rund 10.000 Hektar – etwa zehn Prozent der Landfläche – beträgt, kommt der Rest als IGT-Wein auf den Markt. Weinberge können vier Jahre nach der Anpflanzung in Produktion gehen. Die edlen Gewächse, die in der historischen Zone des Chianti zwischen Florenz und Siena produziert werden dürfen, sollen nach einer Empfehlung des Konsortiums das Symbol des schwarzen Hahns auf dem Etikett tragen.

Neue Qualitätsstufe Gran Selezione

Seit Neuestem ist nicht mehr nur die Bezeichnung Annata (Jahrgangswein) und Riserva (hochwertigere Qualität) vorgesehen, sondern auch die neue Qualitätsstufe Gran Selezione. Diese nicht bei allen Winzern auf Anerkennung stoßende Bezeichnung umschließt Weine, die mindestens 30 Monate – und davon wenigstens ein Vierteljahr in der Flasche – reifen und die Spitze der Qualitätshierarchie bilden sollen. Der Kategorie sollen Rebensäfte angehören, die bisher als teure „Supertuscans“ auf den Markt kamen, aber als schlichte Tafelweine – als „Indicazione Geografica Tipica“ (IGT) – deklariert werden mussten, weil sie nicht ins System des Chianti Classico hineinpassten.

„Dies ist ein weiterer Schritt, um die Qualität und Einzigartigkeit unserer Weine zu kommunizieren“, erklärte Silvia Fiorentini, Marketingleiterin des Chianti Classico Consorzio, gegenüber dem Wein-Magazin Decanter (decanter.com). „Rund 60 Prozent der Chianti Classico-Rebfläche wurden von den Herstellern in den letzten 15 Jahren neu gepflanzt, um die Qualität zu steigern und um sich von der Standard-Chianti-Klassifizierung abzuheben.“ Wenn das italienische Landwirtschaftsministerium noch 2013 grünes Licht gibt, könnten erstmals Weine ab Jahrgang 2010 der neuen Qualitätsstufe zugeordnet werden.

Ist eine dritte Kategorie nötig?

Es gibt auch kritische Stimmen anlässlich der Einführung der neuen Top-Kategorie. „Das Consorzio versäumt es, weder die Weinberge abzugrenzen, noch eine Studie über die einzigartigen Terroirs und stilistischen Unterschiede der einzelnen Gemeinden zu erstellen“, bemängelt David Berry Green, verantwortlich für den Einkauf italienischer Weine bei Berry Brothers & Rudd. „Auch können sie sich nicht dafür entscheiden, die Parzellen á la Grand oder Premier Cru zu definieren.“

Mit der nach Chianti DOCG und Riserva dritten Qualitätsstufe Gran Selezione könnte es vielleicht gelingen, die Supertoskaner in die Qualitätspyramide des Chianti Classico einzubinden. Es ist allerdings zweifelhaft, ob die Neuerung auch den Konsumenten weiter hilft. Die Verbraucher werden schließlich mit Herkunfts- oder Qualitätsbezeichnungen ohnehin mehr verwirrt als informiert.

Riserva früher deklarieren

Um einen Ausweg aus der aktuellen Absatzkrise zu finden, sollen in der Region Chianti Classico weitere Neuerungen in Bezug auf die Produktion eingeführt werden. So schlägt das Konsortium zum Beispiel vor, dass Winzer künftig die Bestimmung zur Riserva bereits bei der Weinlese bekannt geben sollen. Ein unverkaufter Chianti könnte dann nicht mehr allein aufgrund seines fortgeschrittenen Alters als Riserva eingestuft werden.

Um zu verhindern, dass jedes Jahr Wein aus dem Chianti Classico im einstelligen Millionen-Liter-Bereich keine Käufer findet, schlägt das Konsortium auch die Schaffung einer neuen Zweitwein-Kategorie im DOC-Status vor. Allerdings müssen beteiligte Rebsorten und der Name noch festgelegt werden. Außerdem soll eine Anweisung erfolgen, dass Fasswein aus dem Chianti Classico in Zukunft nur noch als zertifizierter DOCG-Wein transportiert und nicht mehr während der Verfrachtung aufgewertet werden darf. Angesichts wirtschaftlich schwieriger Zeiten soll auch der „gallo nero“ künftig lauter krähen. Ein Plan sieht vor, das Abbild des Schwarzen Hahns auf der Flasche für Erzeuger verpflichtend zu machen.

Das Potenzial voll ausschöpfen

Dies seien insgesamt „sicher der Diskussion würdige Ideen“, meint Andreas März, Chefredakteur des Weinmagazins Merum. Aber das wahre Grundübel des Chianti Classico könne auch das beste Konsortium nicht aus der Welt schaffen. „Die Italiener, und noch mehr die Toskaner, sind unverbesserliche Individualisten“, gibt der in der Toskana lebende Weinjournalist zu bedenken. Dem Konsortium oder einer Appellation gehörten Erzeuger nur an, weil sie ihren Wein sonst nicht losbekämen. Sobald der eigene Erfolg aber größer werde als der Markeneffekt der DOCG, träten viele aus dem Konsortium aus und „deklassieren ihren Wein zu IGT“.

Das Chianti Classico wird auch in Zukunft Meilensteine setzen. Allerdings ist das Geschäftsmodell derzeit für die meisten Weinerzeuger weder nachhaltig noch rentabel. Die Region ist der Inbegriff des toskanischen Weins, sein Rückgrat und Aushängeschild gleichermaßen – und wird es bleiben. Um aber wieder ganz weite Sprünge zu machen, müsste das vorhandene Potenzial wirklich voll und ganz ausgeschöpft werden. (mh)

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