Brancaia
In der Krise zum Weinbau gefunden
Brigitte und Bruno Widmer wollten Casa Brancaia eigentlich nur als Feriendomizil erwerben.
Innovation hat einen Namen: Das toskanische Weingut Brancaia aus Castellina im Herzen des Chianti Classico reiht sich nahtlos in die Spitzengruppe der toskanischen Weinerzeugung ein. „Il Blu“ gilt für zahlreiche Weinliebhaber schon als Klassiker unter den Edelgewächsen. Und so fing es an: Im Jahr 1981 hatte sich das Schweizer Ehepaar Brigitte und Bruno Widmer in das Weingut regelrecht verliebt. Beide entschlossen sich deshalb, den damals verlassenen Besitz zu erwerben. Obwohl sie ihn ursprünglich nur als Ferienhaus nutzen und die Rebhänge verkaufen wollten, gingen sie schließlich den Weinbau professionell an. Das war sehr mutig, denn zu dieser Zeit war es um den Ruf des Chianti-Gebiets nicht zum besten bestellt. Schon 1983 belegte das Ehepaar Widmer mit seinem Chianti Classico bei einer großen Degustation den ersten Platz. Die hochwertigen Weine rangieren inzwischen bei Verkostungen immer wieder auf vordersten Rängen und werden von der internationalen Weinkritik in höchsten Tönen gelobt.
Dem raschen Anfangserfolg von Brancaia folgte ein stetiger Ausbau der Aktivitäten. So erwarben Brigitte und Bruno Widmer im Jahr 1989 in Rada ein weiteres Weingut (Poppi). Und neun Jahre später wurde eine dritte Niederlassung südöstlich von Grosseto in der Region Maremma gegründet. Dort wird übrigens der Ilatraia gekeltert, den ab Jahrgang 2009 eine Besonderheit auszeichnet: Dem Spitzenwein fehlt der Sangiovese. Er wird neu aus je 40 Prozent Cabernet Sauvignon und Petit Verdot sowie 20 Prozent Cabernet Franc zusammengestellt. Seit 1998 prägt Barbara Cronenberg-Widmer, studierte Önologin und Tochter der Besitzer, den Stil der Güter. Die erfahrene Winzerin wird dabei vom hervorragenden Önologen Carlo Ferrini beraten. Seit 2001 leitet Martin Cronenberg gemeinsam mit seiner Ehefrau die drei Niederlassungen; er selbst ist für die Geschäftsführung und den Betrieb verantwortlich.
Die eleganten Gewächse, die durch einen weichen und warmen Charakter geprägt sind, werden in zwei nach modernsten Grundsätzen entstandenen Weinkellern (im Chianti Classico und in der Maremma) ausgebaut. Die Anlage der Gebäude und die technische Einrichtung machen es möglich, die hohe Traubenqualität sorgfältig und schonend weiter zu verarbeiten. Die Gärung wird in konischen Stahltanks vollzogen. Alle Weine werden für mindestens zwölf, maximal 20 Monate in französischen Barriques und Tonneaux zur Reife gebracht. Dennoch werden sie nicht vom Holz – übrigens auch nicht vom Alkohol – dominiert.
Der Sangiovese besitzt in Casa Brancaia weiterhin einen sehr hohen Stellenwert. Er ist etwa im Chianti Classico Riserva dominant, aber auch wesentlich am „Il Blu“ und am Basiswein „Il Tre“ (bestehend aus den drei Sorten Sangiovese, Merlot und Cabernet Sauvignon) beteiligt. Die sehr gute Qualität der Weine des toskanischen Vorzeigeweinguts wird begleitet von einer großen Produktionsmenge. So werden jährlich fast eine halbe Million Flaschen auf 45 Märkten abgesetzt – mit Deutschland als einem der weltweit wichtigsten Abnehmer.
Der Umweltschutz genießt in Brancaia einen hohen Stellenwert. Die Besitzer und die fast 40 Mitarbeiter berücksichtigen bei ihrer Arbeit Richtlinien der integrierten Produktion. Die Rebberge werden nachhaltig geschont, weil etwa der Kohlendioxidausstoß der Fahrzeuge deutlich verringert wurde. (mh)