Poggio Bonelli
Reben statt Aktien und Anleihen
Das Weingut Poggio Bonelli bei Castelnuovo Berardenga gehört der ältesten noch existierenden Bank der Welt.
Wenn ein Weingut an ein Geldinstitut verkauft wird, muss dies die Qualität der edlen Gewächse keineswegs beeinträchtigen. So geschehen bei Poggio Bonelli. Das rund 810 Hektar große Anwesen im äußersten Süden des Chianti Classico-Gebiets wurde im Jahr 1985 an MPS Tenimenti, der Landwirtschaftstochter der Monte dei Paschi di Siena, der ältesten noch existierenden Bank der Welt, verkauft. Für die Bank bringen die Weine Prestige, aber sie verdient auch Geld damit. Schon im Jahr 1950 war in dem Gut die Weinproduktion aufgenommen worden.
Die Geschichte von Poggio Bonelli reicht jedoch sehr viel weiter zurück. Bereits im 16. Jahrhundert war hier begonnen worden, Wein anzubauen. Das Gut war im Laufe mehrerer Jahrhunderte im Besitz verschiedener Siener Adelsfamilien. Zunächst wurde es von der Familie Spennali bewohnt. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts gehörte das Landgut der prominenten Familie Piccolomini. Später wurde der Besitz vermutlich durch Mitgift oder Erbschaft an die Familie Landucci weitergegeben. Sie bewirtschaftete das Anwesen zunächst allein, später dann mit Hilfe der Familie Croci bis weit ins 20. Jahrhundert hinein.
Das Weingut, zu dem auch ein bezauberndes Bauernhaus mit zehn Wohnungen zählt, erzeugt heute neben edlen Tropfen sehr hoher Qualität aus den Früchten von 8.000 Olivenbäumen auch Speiseöl der Extra Vergine-Klasse. Obendrein unterhält es einen Agriturismo-Betrieb. Die Rebhügel des weitläufigen Anwesens erstrecken sich auf einer Fläche von 83 Hektar in der Nähe von Castelnuovo Berardenga. Hier finden die Weine besondere Fülle und Kraft. Die nach Süden und Südwesten gelegenen Anbauflächen sind mit Sangiovese, Cabernet Sauvignon und Merlot bestockt. Die Beeren werden nach der Lese streng selektiert. Die aus dem vor 5,3 Millionen Jahren begonnenen Erdzeitalter Pliozän stammenden Böden bestehen überwiegend aus tonreichem Tuff und sind reich an Sand.
Vor mehreren Jahren ist die Umstrukturierung im Weinberg und in der Kellerei abgeschlossen worden. Es wurden Rebhügel neu angelegt und alte Holzfässer komplett ausgetauscht. Die Produktion wurde auf nur wenige Etiketten gestrafft. Die Weine des Guts werden heute in Edelstahltanks temperaturkontrolliert vinifiziert und später vorwiegend in kleinen Fässern aus französischer Eiche ausgebaut, bevor sie in der Flasche in speziell temperierten Räumen der Kellerei verfeinert werden. Die Produktionsmenge in Poggio Bonelli kann als moderat eingestuft werden. Zu den Spitzenerzeugnissen des Hauses zählt der Poggiassai, eine Cuvée aus Sangiovese (85 Prozent) und Cabernet Sauvignon (15 Prozent).
Seit 1999 ist der Star-Önologe Carlo Ferrini an Bord des toskanischen Weinguts. Er führte Regie bei den Umstrukturierungsmaßnahmen. Der Weinführer Gambero Rosso wählte Ferrini im Jahr 2000 zum „Weinmacher des Jahres“. Der renommierte Önologe wacht gemeinsam mit Leonardo Pini über die Produktion. Jahr für Jahr entwickeln die Beiden neue Ideen zur Qualitätsverbesserung der im Gut abgefüllten Weine. (mh)